Finanzmärkte im Banne der US-Präsidentschaftswahlen

Monatsbericht November 2024

Ein turbulenter Oktober endet gruselig. Die Spannung rund um die US-Präsidentschaftswahlen hat die Märkte erfasst und sorgen für Nervenkitzel.

Datum
04. November 2024
Kategorien

Finanzmärkte in Bewegung

Ausgerechnet am letzten Tag im Oktober – an Halloween – war es an den Märkten nochmals „gruselig“ geworden. Das führte dazu, dass viele Aktienmärkte den Oktober leicht im roten Bereich abschlossen. Der US-Leitindex S&P 500 sank um 1.0%, notierte aber seit Jahresbeginn immer noch mit 20% im Plus. Nach April war dies erst der zweite Monat im Jahr 2024 mit einem negativen Vorzeichen. Zudem stellte die bisherige Jahresperformance die beste eines US-Wahljahres seit Langem dar. Zuletzt verzeichnete der S&P in einem Wahljahr eine derart starke Performance im Jahr 1936, als er bis Ende Oktober um 28% zulegen konnte.

Der technologielastige Nasdaq Composite legte seit Jahresbeginn gar um knapp 22% zu, während der MSCI World ein Plus von etwas über 15% verbuchte. Der Swiss Leader Index (SLI) verlor im Oktober 3.3% und stand zum 1. November mit 10% über dem Stand vom Jahresende 2023. Auch der paneuropäische Stoxx 600 gab 3.3% nach und notierte im laufenden Jahr lediglich knapp 7% höher. Als Bremser in Europa erwies sich vor allem Frankreich, wo der CAC 40 bisher um knapp 2% nachgab.

Auch in China kam es zu Gewinnmitnahmen. Der Shanghai Composite verzeichnete nach einer beeindruckenden Rally von nahezu 30% im Oktober einen Verlust von 1.7% und lag im bisherigen Jahresverlauf mit 10% im Plus. Im Gegensatz dazu legte der Nikkei 225 im Oktober um 3.2% zu und setzte damit seinen gemächlichen Aufwärtstrend fort, nachdem er Anfang August um 26% gefallen war. Sein bisheriges Jahresplus betrug 14%.

Besorgnis erregte die Entwicklung der Renditen 10-jähriger US-Treasuries. Noch am Tag vor der überraschend hohen Zinssenkung um 0.50% durch die US-Notenbank am 18. September notierten diese bei 3.65%. In der Folge stiegen die Renditen kontinuierlich an, insbesondere in der zweiten Oktoberhälfte. Am 1. November lagen sie bei 4.38%. Dies führte dazu, dass der iShares 20+ Year Treasury Bond ETF (TLT) im Oktober um 5.8% fiel und seit Jahresbeginn ein Minus von 8% verzeichnete.

Gold setzte seinen Aufwärtstrend unbeirrt fort und stieg trotz höherer langfristiger Renditen und eines stärkeren US-Dollars im Oktober um 3.4%. Seit Jahresbeginn verzeichnete es ein Plus von 33% in US-Dollar.

Der USD-Index DXY stieg bisher um 2.9%, während der Greenback gegenüber dem CHF sogar um 3.4% auf CHF 0.87 zulegte. Der EUR/CHF-Kurs stieg im Jahresverlauf um 1.5% auf CHF 0.942.

Aktuell richten die Marktteilnehmer ihren Blick gebannt auf die US-Präsidentschaftswahlen, respektive auf deren zwei Kandidaten Kamala Harris und Donald Trump. Verschiedene Umfragen deuten auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen ohne klaren Favoriten hin. Wettbüros[1] hingegen sehen die Chancen für Donald Trump bei 55% und für Kamala Harris bei 45% (Stand 2. November 2024, 22 Uhr CET). Auch die Finanzmärkte beginnen vermehrt, einen Sieg Trumps einzupreisen, möglicherweise sogar einen „Red Sweep“. Das heisst, eine republikanische Kontrolle über Präsidentschaft, Senat und Repräsentantenhaus.

Die sogenannten „Trump Trades“ umfassen unter anderem einen stärkeren US-Dollar, steigende langfristige Renditen sowie anziehende Gold- und Bitcoin-Preise und einen boomenden US-Aktienmarkt.

Selbstverständlich werden die US-Wahlen den Handel Anfang November dominieren, daher sind taktische Allokationen basierend auf saisonalen Trends eher unklug. Dennoch ist es hilfreich, sie im Hinterkopf zu behalten.

  • November ist der zweibeste Monat für den S&P 500
  • der beste Monat für den Nasdaq
  • der zweitbeste Monat für den MSCI-Weltindex
  • der zweitbeste Monat für den deutschen DAX
  • der beste Monat für den Nikkei 225
  • von November bis Februar ist die Zeit für Gold stark
  • November ist der letzte Monat des saisonalen Rückgangs für Rohöl. Saisonale Trends sind im Dezember und Januar neutral, dann von Februar bis Juni stark positiv
  • der drittbeste Monat für den US-Dollar (DXY)
  • der beste Monat für USD/JPY

Dennoch beschleicht einen das Gefühl, dass viele dieser saisonalen Trends bereits eingetroffen sind.

„It’s the economy, stupid“

In Bezug auf den US-Wahlkampf gehen wir von einem Sieg Donald Trumps und einem „Red Sweep“ aus. Allerdings scheinen die Märkte diesen Ausgang bereits weitgehend eingepreist zu haben, sodass grosse Reaktionen möglicherweise ausbleiben, sobald sich der Staub gelegt hat. Auffallend bleibt das Unbehagen in der US-Bevölkerung hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage, die sich schwer mit soliden makroökonomischen Indikatoren wie starkem Wirtschaftswachstum, niedriger Arbeitslosigkeit und sinkenden Inflationsraten vereinbaren lässt. Ist es das „Bauchgefühl der Masse“, das bevorstehenden Ungemach ahnt, welches die rückblickenden offiziellen Daten noch nicht abbilden?

Vor diesem Hintergrund bleiben wir bei Aktien leicht übergewichtet, erwägen jedoch, nach den US-Wahlen bei starkem Kursanstieg Gewinne mitzunehmen. Die bullische Erwartung auf eine Jahresendrally erscheint uns mittlerweile übertrieben. Unserer Ansicht nach bleibt der US-Aktienmarkt mit Schwerpunkt hochkapitalisierte Tech-Werte die attraktivste Wahl. In Europa sehen wir insbesondere den Bankensektor als interessant an.

Bei erstklassigen Staatsanleihen haben wir die Duration leicht reduziert, bewerten den jüngsten Renditeanstieg seit Mitte September jedoch als übertrieben. Deshalb betrachten wir eine zusätzliche Allokation in mittlere und längere Laufzeiten als sinnvoll, um uns gegen konjunkturelle Abschwächungen abzusichern. Bei Unternehmensanleihen bevorzugen wir Investment-Grade gegenüber Hochzinsanleihen. Zudem halten wir eine kleinere Position in inflationsgeschützten Anleihen, um uns gegen unvorhergesehene Inflationsschocks zu wappnen. Unsere relativ hohe Goldallokation behalten wir bei.

„Zum Tango gehören zwei.“
Pearl Bailey |
weithin bekanntes populäres Sprichwort, das allgemein dem Lied "Takes Two to Tango" von 1952 zugeschrieben wird, das von Pearl Bailey gesungen wurde.
[1] Link zur Wahlumfrage

https://kalshi.com/ (abgerufen am 2. November 2024, 22 Uhr CET)

Link zum Zitat "It’s the economy, stupid“

Ist ein Satz, der 1992 von Jim Carville geprägt wurde.

https://en.wikipedia.org/wiki/It%27s_the_economy,_stupid

 

Link zum Zitat „Zum Tango gehören zwei.“
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